Nachfrage nach Klimaanlagen steigt auch in Schaffhausen – nicht nur wegen den längeren Hitzeperioden

Iris Fontana | 
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Der Weg zu den gekühlten vier Wänden ist steinig. Bild: Pexels.com

Der Sommer naht und mit ihm die Erinnerung an die Hitzeperiode von vor einem Jahr, als sich manch einer wehmütig an das Hotelzimmer mit Klimaanlage in seinen letzten Ferien erinnerte und sich fragte, ob dieser Luxus denn eigentlich nicht auch für die eigenen vier Wänden zu haben wäre. Der Zahltag machte sich auf die Suche nach Antworten und informierte sich bei Experten aus der Region im Bereich Kältetechnik. Fazit: Die Sache ist leider nicht ganz so einfach wie erhofft.

Dass die Nachfrage im Bereich Klimageräte steigt, bestätigen alle vier Experten, die sich auf unsere Anfrage meldeten. Als Grund werden nicht nur die längeren Hitzeperioden, sondern auch Corona und die Zunahme von Arbeit im Home-Office genannt. Ausserdem erklärt Claudio Paterno von der A. Dietrich AG in Beringen, dass seine Firma dieses Jahr schon im Januar mit Anfragen überhäuft worden sei, nicht wie gewöhnlich erst nach Eintritt der ersten Hitzetage. Stephan Marty von der Firma Mobil in Time AG in Diessenhofen wiederum wird mit mehr Anfragen wegen defekter Industrieanlagen aufgrund von Überlastung und Altersschwäche konfrontiert. Ausserdem stellt er eine grössere Nachfrage nach kompakten Klimaanlagen für den temporären Gebrauch im Privatbereich fest. Als weiteren Aspekt nennt César Manzano von der Manzano Engineering AG in Schaffhausen, dass je nach Gebäudeart und Nutzung eine Kühlung auch vom Arbeitsinspektor gefordert werde.

Regierungsrat muss Klimaanlage abgeben

Also einfach anrufen bei einem der Herren und ein Wohlfühlgerät bestellen? So einfach ist die Sache leider nicht. Wer sich beim nächsten Hitzerekord in den eigenen kalten Innenraum flüchten möchte, hat noch einige Hürden zu überwinden. Dies musste vor kurzem auch der Basler Regierungsrat Conradin Cramer, dessen Fall im Februar für Schlagzeilen sorgte, schmerzlich erfahren. Da der Grosse Rat der Stadt Basel im Februar 2019 den Klimanotstand ausrief und seit Herbst 2022 im Kanton energieintensive und klimaschädliche Geräte verboten sind, blieb ihm nichts Anderes übrig, als seine energiefressende mobile Klimaanlage abzugeben. Wer jetzt denkt, dass die Basler halt selbst schuld sind, wenn sie so radikale Massnahmen beschliessen, sollte sich nicht zu früh freuen. Zwar sind die kantonalen Richtlinien nicht überall dieselben, doch in der Basler Zeitung (BAZ), die den Fall Cramer aufdeckte, wird auch Daniel Baumann, Präsident des Schweizerischen Verbands für Kältetechnik (SVK), zitiert, der erklärt, dass eine Klimaanlage rein für den Komfort in der ganzen Schweiz gesetzlich limitiert und mit Auflagen verbunden sei.

Grosser Strauss an gesetzlichen Vorschriften

Wie aber lauten denn nun die gesetzlichen Vorschriften für Schaffhausen? Laut unseren Experten ist eine Klimaanlage bewilligungspflichtig, sobald eine bauliche Veränderung, also eine feste Installation vorgenommen wird. Unter anderem muss ein Lärmschutznachweis ausgefüllt und jede Anlage, die mit mehr als drei Kilogramm Kältemittel befüllt ist, beim Bundesamt für Umwelt angemeldet werden. Mit der Anmeldung wird zudem die Verpflichtung eingegangen, jedes Jahr eine Dichtheitskontrolle durchführen zu lassen. Und zu guter Letzt untersteht eine Kälteanlage auch noch dem Energiegesetz und hat deren Richtlinien zu befolgen. Bei mobilen Klimageräten entfällt diese Bewilligung in aller Regel, die Geräte sind jedoch wahre Stromfresser. Der Energiebedarf eines gängigen Models ist rund 2,5 Mal so hoch wie der Betrieb eines Kühlschranks während 24 Stunden.

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Viele Faktoren zur Bestimmung der richtigen Anlage

Entscheidet man sich für die Umwelt und gehört zu den wenigen Auserwählten, die alle gesetzlichen Hürden für eine feste Installation genommen haben, folgt als nächstes die Frage, welche Art von Klimagerät denn für das eigene Domizil Sinn macht. Natürlich gibt es keine Pauschalantwort. Die beste Wahl hängt von vielen Faktoren wie Raumgrösse, Anzahl und Grösse von Fenstern, Anzahl Wärmequellen im Raum (Personen, Computern), den eigenen Bedürfnissen, dem geforderten Komfort und dem Kostenrahmen ab.

Hohe Kosten

Apropos Kostenrahmen: Wie stark würde denn so eine Anlage das eigene Portemonnaie belasten? Selbstverständlich ist auch hier die Antwort abhängig von den obengenannten Faktoren, doch um den Gwunder zu stillen, liessen sich zwei der Kältetechniker doch ein paar Zahlen entlocken. So beziffert Markus Moser, technischer Leiter der Griesser Kältetechnik GmbH in Marthalen, die Kosten von Split-Klimageräten (siehe Box) grob wie folgt: Um einen 45 Quadratmeter grossen Raum mit einer Leistung von 3.5 Kilowatt zu kühlen, muss mit circa 3400 Franken gerechnet werden, bei 60 Quadratmetern und einer Leistung von 5 Kilowatt mit rund 4400 Franken. Manzano rechnet für ein Einfamilienhaus mit drei gekühlten Zimmer – berechnet mit Splitt-Verfahren – mit Kosten von rund 20'000 Franken, die baulichen Massnahmen nicht mitgerechnet. Ein Bürogebäude mit 500 Quadratmetern Fläche, das Installationen wie ein Kaltwassersystem und Kühldecken benötigt, schlagen mit rund 300'000 Franken exklusive bauliche Massnahmen zu Buche.
Also vielleicht doch nicht gerade ein Luxus, den man aus der Portokasse begleicht…

Klimageräte für den Privatbereich

Für den Hausgebrauch unterscheidet man grundsätzlich zwischen mobilen Klimageräten, Split-Systemen und Multisplit-Systemen.
Mobile Klimageräte, auch Monoblock genannt, können ohne Montage flexibel in verschiedenen Räumen eingesetzt werden. Der Abluftschlauch wird meist durch ein Fenster oder ein dafür vorgesehenes Lüftungsloch nach draussen geführt. Allerdings sind Monoblock-Geräte ineffizient, da durch das offene Fenster warme Luft nachströmt, die erneut gekühlt werden muss. Zudem erzeugen sie mehr Lärm als fest installierte Klimaanlagen.
Effizienter und leiser sind Split-Klimaanlagen, die aus zwei Teilen bestehen: Dem Wärmetauscher (Innengerät), und dem Kompressor (Aussengerät). Diese sind über eine Kältemittelleitung und eine Stromverbindung verbunden. Wenn mehrere Innengeräte an ein Aussengerät angeschlossen sind, spricht man von einem Multisplit-System, bei dem bis zu fünf Innengeräte an ein Aussengerät angeschlossen werden können.

Favoriten und Potentiale

Bleibt noch die Frage, in welchem Verfahren die Experten am meisten Potential sehen? Für Paterno und Markus Moser, technischer Leiter der Griesser Kältetechnik GmbH in Marthalen, sind Split-Klimageräte die erste Wahl. Moser ist zudem überzeugt, dass die Kombination von Wärmepumpe als Heizung (Fussbodenheizung) mit einem Anschluss an das Innengerät einer Klimaanlage in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Im gewerblichen Bereich dagegen würden vermehrt Anlagen mit Wärmeträgern (Glykol) zum Einsatz kommen. Manzano wiederum sieht in Kälteanlagen mit einer hohen Vorlauftemperatur die Zukunft, mit denen auch der Stromverbrauch massiv gesenkt werden könnte.

Zukunftshoffnungen

Besteht also doch noch Hoffnung, dass in Zukunft die Energieeffizienz gesteigert und Cramer und wir mit ruhigem Gewissen unser Büro oder Schlafzimmer kühlen können? Paterno ist zuversichtlich. Seiner Ansicht nach werden aufgrund von drei Faktoren in diesem Bereich in naher Zukunft erhebliche Fortschritte erzielt werden: Technologische Innovationen; strenge regulatorische Vorschriften, welche die Hersteller dazu zwingen, effizientere Geräte zu entwickeln und der Druck der Verbraucher, die effizienterer Produkte fordern.

Tipps für Kühle auch ohne Klimaanlage

Bei wem es nun an der Bewilligung, dem nötigen Kleingeld oder der Geduld auf technische Innovationen hapert, für den hier die Tipps unserer Experten, wie auch ohne Klimaanlage an Hitzetagen die bestmögliche Raumtemperatur erzielt werden kann:
Beschattung ist das A und O. Am Morgen die Wohnung oder das Haus mit der über Nacht abgekühlten Luft herunterkühlen und anschliessend sämtliche Fenster, Läden und Türen für den Tag geschlossen halten. Jegliche unnötige Wärmequelle ausschalten und Licht nur dort verwenden, wo es unumgänglich ist.

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